Toxische Beziehungen
Es ist nicht immer einfach einzuschätzen, wie es um die eigene Beziehung steht. Was ist eine gesunde, was eine ungesunde Beziehung? Wann wird eine Beziehung toxisch?
Love Bombing
«Du bist die Liebe meines Lebens»
In toxischen Beziehungen geht häufig alles sehr schnell: Du wirst anfangs mit viel Aufmerksamkeit, Komplimenten und Versprechen überschüttet, obwohl ihr euch noch nicht gut kennt. Es fühlt sich an, als wäre alles zu schön, um wahr zu sein. Oft ist es das auch. Mit Love Bombing sollst du möglichst schnell emotional abhängig werden. Das passiert nicht nur in der Kennenlernphase, sondern auch in der Beziehung. Etwa nach einem Streit, Grenzüberschreitungen oder Gewaltvorfällen. Mit Love Bombing sollst du wieder an den Partner oder die Partnerin gebunden werden. Es ist eine Form von Manipulation und deshalb nicht zu unterschätzen. Spannungen und Überreaktionen
«Immer machst du ein Drama»
In einer Beziehung solltest du dich selbst sein dürfen und deine Wünsche und Gefühle kommunizieren können, ohne Angst vor der Reaktion deines Partners oder deiner Partnerin zu haben. Falls du oft das Gefühl hast, etwas «Falsches» zu sagen, du angespannt bist und den Druck spürst, dich und dein Verhalten ständig anpassen zu müssen, sind das Anzeichen für eine ungesunde Beziehungsdynamik.
Starke Eifersucht
«Du gehörst mir»
«Je stärker die Eifersucht, desto grösser die Liebe»? Starke Eifersucht ist kein Liebesbeweis! Ein gewisses Mass an Eifersucht ist normal, schliesslich wollen wir eine geliebte Person nicht verlieren. Bei grosser Eifersucht geht es aber um Kontrolle und Besitzdenken. In toxischen Beziehungen ist starke Eifersucht oft ein Dauerthema. Es hat nichts mehr mit Liebe zu tun, wenn du dich in deiner Beziehung eingeschränkt fühlst und selbst ein Treffen mit Freund:innen zum Problem wird.
Kontrolle und «Monitoring»
«Du musst mir sagen, wo du bist»
Kontrollverhalten kann viele Formen annehmen: Du musst Nachrichten so rasch wie möglich beantworten, sonst gibt es Stress. Du sollst deinen Standort teilen, damit dein Partner oder deine Partnerin immer weiss, wo du bist. Es wird erwartet, dass du dein Handy-Passwort teilst oder deine privaten Nachrichten gelesen werden. Dein Partner oder deine Partnerin überprüft, was du in den Sozialen Medien teilst. Solche Verhalten sind Grenzüberschreitungen, die sich immer mehr verstärken können und deinen Alltag erheblich einschränken.
Manipulation (Gaslighting)
«Du bildest dir das ein»
Gaslighting ist eine Form von emotionaler Manipulation mit dem Ziel, dich zu verunsichern und zu kontrollieren. Bei Gaslighting wirst du durch Lügen oder dem Verdrehen von Tatsachen dazu gebracht, an deiner Wahrnehmung und Realität zu zweifeln. Es soll dir das Gefühl vermittelt werden, dass deine Gefühle und Erinnerungen falsch oder unwichtig sind. Gaslighting beginnt häufig langsam und kann schwere Folgen haben: Viele Betroffene verlieren ihr Selbstbewusstsein, fühlen sich niedergeschlagen und ängstlich. Darum ist es wichtig, Gaslighting möglichst früh zu erkennen.
Isolation
«Du brauchst doch nur mich»
Am Anfang einer Beziehung wollen wir häufig nur noch Zeit mit dem Partner oder der Partnerin verbringen. In toxischen Beziehungen kann das schrittweise und im schlimmsten Fall in sozialer Isolation enden. Falls kontrolliert und beeinflusst wird, wen du treffen und was du unternehmen darfst, ist das ernst zu nehmen. Dahinter steckt oft der Wunsch, möglichst viel Einfluss und Macht über dich zu haben – denn je weniger Freund:innen du hast, desto abhängiger wirst du. Diese Isolation und die Angst vor dem Alleinsein können eine Trennung sehr schwierig machen.
Gesunde Beziehungen basieren auf gegenseitigem Vertrauen, Respekt und offener Kommunikation. Keine Beziehung ist perfekt: Auch Konflikte, Streit und Meinungsunterschiede gehören dazu und sind normal. Nicht jede Beziehung, die mal schwierig ist oder belastet, ist automatisch toxisch. Genauso ist auch nicht jede Person sofort toxisch, die unsere Gefühle verletzt hat.
Für eine Beziehung auf Augenhöhe ist es aber wichtig, dass beide Partner:innen bereit sind, Verantwortung für ihr Handeln zu übernehmen und auch Kompromisse einzugehen.
In toxischen Beziehungen ist das nicht der Fall. Diese Beziehungen kosten mehr Energie, als sie guttun, und hinterlassen oft ein Gefühl der Anspannung und Unsicherheit. Es sind Beziehungen, in denen vor allem emotionale Gewalt angewendet wird.
Betroffene haben häufig ein schlechtes Bauchgefühl: «Irgendetwas stimmt hier nicht». Trotzdem ist es für viele schwierig, dieses ungute Gefühl zu benennen.
- Wichtig: Höre auf dein Bauchgefühl und suche dir Unterstützung, wenn du dich in deiner Beziehung nicht mehr wohlfühlst. Unser Fragebogen kann dir helfen, mehr Klarheit zu gewinnen.
Toxische Beziehungen sind oft komplexer als gedacht
- Die Gewalt und Grenzüberschreitungen sind meistens unsichtbar. Gewalt bedeutet nicht nur Schläge und blaue Flecken, auch emotionale Gewalt hinterlässt tiefe Spuren. Doch auch toxische Beziehungen können körperlich werden.
- Es kann ein klares Ungleichgewicht geben: Eine Person kontrolliert und dominiert die andere. Das ist aber nicht immer so: Manchmal verletzen und kontrollieren sich beide Partner:innen gegenseitig. Toxische Dynamiken können auf beiden Seiten entstehen.
- Die Situation richtig einzuschätzen, ist oft schwierig. Ab wann wird eine Beziehung schädlich? Grundsätzlich ist das der Fall, wenn ungesunde Verhaltensweisen, Grenzüberschreitungen und Gewalt über einen längeren Zeitraum und regelmässig passieren. Auch wenn du dich oft schlecht fühlst und dein Alltag darunter leidet, ist das ein Warnzeichen.
Toxische Verhaltensweisen können verschiedene Formen annehmen. Das Gute ist aber: Die Anzeichen sind erkennbar, da sie häufig einem ähnlichen Muster folgen. Auf dem Fahrplan oben zeigen wir dir einige dieser Warnzeichen.